Berichte von 11/2019

Ruhe auf dem Hügel und im Blog

Mittwoch, 20.11.2019

Wenn man von 2000 Besuchern runter geht auf maximal 100, dann ist das echt ein Unterschied. Die Kirche wird "dicht" gemacht (nur noch der vorderste Teil wird genutzt), der Rest der Kirche wird anderweitig gebraucht: Der hintere Teil dient nun als Lagerstätte für Zeltplanen.

Big Kitchen - immerhin eine von Frankeichs größten Küchen! - wird über den Winter geschlossen und einer gründlichen Reinigung unterzogen. Da steht dann auf deiner Arbeitsliste "Big Kitchen deep cleaning" drauf. Das deep cleaning geht aber noch weiter, denn die vielen Baracken, Zimmer und Toiletten von Taize müssen auch gemacht werden. Generell kann man sagen, dass wir in den kommenden Wochen Taize für das nächste Jahr vorbereiten, auf die nächsten 100.000 Besucher.

Neben deep cleaning habe ich noch einen anderen wichtigen Job bis Weihnachten: Decoration. Mit insgesamt 6 Mädchen bilden wir das kreative Team für die Gestaltung des Altares vom europäischen Jugendtreffen in Polen zu Neujahr. Echt eine große Ehre, finde ich. Mit der Arbeit fingen wir direkt nach den french weeeks an. In der ersten Woche bereiteten wir einen Teil der Kirche auf die Arbeit vor und legten Folie auf dem Boden aus zum Schutz. Außerdem versuchten wir die Nähmaschine in Gang zu bekommen (wie so ziemlich alles in Taize ein älteres Modell) und suchten Farbe aus. Letzte Woche ging es ans Nähen. 6x12 m lange Stoffbahnen mussten auf 6x16 m verlängert werden, das alles fünf mal. Ich saß nicht an der Maschine, das habe ich mir nicht zugetraut - weil ich das noch nie zuvor gemacht habe. In meinem Leben habe ich nur einmal was richtiges genäht, ein kleines Kuscheltier für eine Freundin. Daher habe ich letzte Woche nur Stoff hochgehalten oder gefaltet. Beides war tatsächlich eine Herausforderung, weil es ziemlich schwer (und groß!) war. Aber wir schafften alles in einer Woche, da waren wir echt stolz.

Allein der Gedanke, dass ich in ein paar Wochen beim Jugendtreffen sitze und meine Arbeit ganz vorne am Altar sehen kann, das ist schon echt cool. Viele meiner Freundinnen aus N`Toumi wollten den Job auch unbedingt haben. Naja, ganz so wunderbar ist es nicht, gerade beim Stoff halten habe ich mich oft gelangweilt. Aber die Freude über das Resultat ist größer.

Die letzten Tage waren auch oft von Trauer durchzogen, da sehr viele Mädchen Taize verließen. Wenn man nicht bis zum Jugendtreffen als Permanent bleibt, musste man bis zum 17.11. abgereist sein (es gibt aber noch ein paar Ausnahmen). Das hieß, dass Leute abgefahren sind, mit denen man über Monate zusammen gelebt hat.

Abschiede fielen mir nie leicht, und in Taize ist es noch härter als sonst. In der letzten Woche war es am schlimmsten, jeden Tag wollte (oder musste) ich einfach nur heulen. Ellen aus Schweden zum Beispiel war seit Tag 1 zusammen mit mir Permanent. Ihr musste ich einen langen Brief schreiben, weil ich einfach kein Wort herausbekam ohne anzufangen zu weinen. So viele "good-bye"s in so kurzer Zeit, das war ziemlich niederschlagend. Aber jetzt habe ich Freunde in ganz Europa.

Nun, eine gute Sache bringt diese ruhige Zeit: Abends singing support zu haben bedeutet, dass man vor 22 Uhr fertig ist! Unglaublich! Normalerweise musste man mindestens bis 22h30 sitzen, singen und anstimmen. Aber jetzt bin ich oft schon eine Stunde früher fertig! Trotzdem sitze ich nun gerne "länger" in der Kirche und genieße die Stimmung.

Mehr als 100 Tage Permanent und noch länger in Taize. Die Zeit fühlt sich manchmal ewig, manchmal so kurz an. Aber ich kann sagen, dass es mir gut gefällt hier zu sein.
Bis zum nächsten Blogeintrag!

French Weeks geschafft!

Donnerstag, 07.11.2019

(Ich lebe noch, haha!)

Also, die zweite Woche war anders als die erste. Nun, nicht ganz - ich hatte schon wieder die Arbeit 'Church Entrance' und stand weitere 7 Tage (in den French Weeks für insgesamt 40 Gebete) ewig vor der Kirche.

Die Bestürzung, als der neue Arbeitsplan aushing und Ana und ich unsere Namen erneut bei Church Entrance fanden, war doch ziemlich groß. Wir haben es zwar im voraus befürchtet - aber es war klar, dass wir beide absolut keine Lust drauf hatten. Die anderen Mädchen bemitleideten uns, waren aber auch sichtlich froh, es nicht selbst tun zu müssen. 

Aber diesmal lief alles super. Unser Team in der dritten Welle (Mo, 28 - Fr, 01) war großartig. Es tauchte zur Arbeit und sogar zu den Teamtreffen auf, und das erleichterte die Arbeit sehr. Am besten war aber das Team von Freitagmittag bis Sonntag. Dass alle über 20 waren, Englisch konnten und sich gern mit uns ausgetauscht haben, das war ein echter Segen. Es herrschte eine wunderbar entspannte Stimmung beim Origamistern-falten.

Zwei Menschen waren besonders wichtig für mich in der letzten Woche. Lydia und Paul aus den USA begleiteten uns die ganze Woche und waren einfach klasse. Wir hatten tolle und lange Gespräche, viel Spaß und wirklich eine schöne Zeit. 

Das heißt also, obwohl wir den Job an sich echt ungern gemacht haben, trafen wir auf unglaublich coole Menschen. Ana und ich denken, dass das ein Test von Gott war. Hätten wir keine zweite Runde bei Church Entrance gedreht, hätten wir Lydia, Paul und all die anderen nicht kennengelernt. Da haben wir den Job letztendlich gerne gemacht, beziehungsweise sind gut gelaunt zu den Teamtreffen gegangen. Das vor der Kirche stehen war nämlich immer noch ziemlich blöd.

Ganz anders war die generelle Stimmung in der Kirche im Vergleich zur ersten Woche. Etwa 500 Jugendliche aus dem Norden von Frankreich und eine große Gruppe aus Schweden brachten etwas Ruhe in die Gebete. Man gewöhnt sich sowieso an den Lärm und Trubel. Auch mein Französisch war zum Schluss sogar etwas zu gebrauchen.

Diese Woche war nochmal besonders schön, weil ich ein letztes Mal in der Éxposition arbeiten durfte. Da hatte ich echt Glück, dass ich insgesamt 3 Wochen meiner Zeit in Taizé mit meinem Lieblingsjob verbringen konnte. Dankbar bin ich allemal, vor allem weil ich viel Zeit mit Barbara, meiner Zimmermitbewohnerin, verbrachte. Wir unterhielten uns gut und waren ein gutes Team. Na gut, es gab kaum etwas zu tun - aber am allerletzten Tag ging es ab: Ein Pärchen kaufte sehr viel Geschirr etc. im Wert von bestimmt 900 € ein und wir verpackten alles. Die beiden wollen in Deutschland ein Café eröffnen, kein Wunder, days sie solche Masse eingekauft haben!

Ich hatte also echt Spaß letzte Woche. Dass ich erst heute das Blog-update mache liegt daran, dass ich erst mal die Ruhe genießen wollte. Ab Samstag kehrte nämlich Ruhe in den kleinen Ort ein, die dritte Welle war weg und die restlichen Besucher nicht mehr so laut.

Ich habe ein neues Foto auf die Startseite gestellt. Am Sonntag durfte ich während der Messe bei der Vorbereitung des Altars mithelfen und fühlte mich wieder wie eine Ministrantin. Das vermisse ich etwas, immerhin war ich etwa 12 Jahre lang Ministrant in Weimar und Umgebung. Ich machte mich also etwas schick und war stolz, mein Kleid für besondere Anlässe endlich mal tragen zu können. Nach der Messe machte meine Mitbewohnerin Fayal einige Fotos. Jetzt haben auch die Leser, die mich nicht kennen, eine kleine Vorstellung von mir!

Vielen Dank fürs Lesen, bis demnächst!