Berichte von 10/2019

French Week - erste Hälfte geschafft!

Mittwoch, 30.10.2019

Wie zuletzt angekündigt ... die French Week(s). Das wird den meisten Lesern wohl kein Begriff sein, aber vielleicht wissen ein paar schon, was ich meine. Ich erkläre es besser trotzdem. French Week? Hä? Liegt Taizé nicht in Frankreich?! Geografisch gesehen, ja. Aber Franzosen trifft man das ganze Jahr über eher weniger (dafür umso mehr Deutsche) - außer in den letzten 2 Oktoberwochen, wenn insgesamt bis zu 6.000 junge Franzosen nach Taizé strömen. (Herbstferien)

Ich ziehe da gerne den Vergleich zur Bibel - Jesus versucht in seiner Heimatstadt zu lehren, aber weil ihn jeder kennt, wird er nicht beachtet/rausgeworfen. So ähnlich ist es, denke ich, mit Taizé und Frankreich: Aus aller Welt stürmen Menschen in einen kleinen französischen Ort mitten im Nirgendwo, aber den Franzosen ist es zu nah. Ist nur meine Theorie, ich will hier niemanden angreifen!

In der letzten Woche lief vieles ganz anders. Denn die Gruppen (bestehend aus 15/16-Jährigen) aus ganz Frankreich bleiben nicht - wie normal - für eine Woche, sondern nur für 4 Tage. Außerdem kommen sie - und dieser Begriff wird von Permanents, Brüdern und Schwestern gleichermaßen genutzt - in "Wellen". Die erste Welle kam am 20. Oktober (Sonntag) an und fuhr am 24. Oktober (Donnerstag) wieder ab, am gleichen Tag kam die zweite Welle an. Diese verließ Taizé am Montag (28.10.), ... und am gleichen Tag begrüßten wir die dritte und letzte Welle. Jede Welle war etwa 2000 Menschen groß, vergleichsweise weniger als die letzten Jahre (bis zu 10.000).

Der normale Wochenrhythmus wird also an die Wellen angepasst, damit alle ein Gebet am Kreuz haben und eine Lichterfeier genießen können. Das war (und ist) ziemlich verwirrend - in der ersten Welle gab es beispielsweise das Gebet am Kreuz am Dienstagabend (sonst Freitag), und am Mittwochabend hatten wir eine Messe (sonst am Sonntag) mit integrierter Lichterfeier (normalerweise Samstagabend). Letzteres war aber auch cool, fast wie zu Ostern. Generell war dieser veränderte Ablauf der Woche aber eher stressig und irritierend. 

Denn wir hatten (bis jetzt) drei besonders anstrengende Tage, an denen die Wellen ankommen/abreisen und Taizé innerhalb weniger Stunden für die neue Welle vorbereitet werden muss. Da wir kaum Helfer hatten, blieb alles bei den Permanents hängen. Auch mein Job war deswegen besonders stressig: Church Entrance.

Diesen Job habe ich mittlerweile echt satt. Einfach gesagt: Rucksack kontrollieren an den Kircheneingängen für jedes Gebet; klingt super, dachte ich, als ich auf die Arbeits-Lose sah. Beim Meeting änderte sich das. Man muss nämlich um 8, um 12 und um 20 Uhr vor der Kirche stehen bei jedem Wetter und darf erst zum Gebet gehen, wenn die Glocken aufhören zu läuten. Mein Team bestand in der ersten Welle aus Franzosen und (französischsprachigen) Belgiern, und das stellte sich für mich und meine Partnerin als Problem heraus: Die jungen Leute sprechen nämlich kein Englisch.

"Aber Donata", denken sich jetzt bestimmt einige Leser. "Du hattest 8 Jahre in der Schule Französisch UND 10 Punkte im Abi ... du kannst doch die Sprache!" ... Äh, nein. Mein Französisch ist leider komplett nutzlos geworden, weil ich es drei Monate nicht genutzt habe (aber um ehrlich zu sein, vorher war es nicht viel besser) - in Taizé spricht man halt nur Englisch. Dementsprechend war es schwer, mit meinem Team zu kommunizieren oder eine Bindung aufzubauen. Ich habe es zumindest versucht, im Laufe der Woche wurde es auch besser. Es gab jeden Tag ein Team-Meeting, aber da kam kaum jemand. Generell tauchten kaum Leute aus der ersten Welle zu ihrem Job auf, abgesehen von den Belgiern und ein paar sehr motivierten Franzosen. Das bedeutete Stress für uns.

Bis vor kurzem hatte ich echt Probleme mit dem Job, denn normalerweise bin ich zur Arbeitszeit bereits in der Kirche und genieße die Ruhe und die Zeit für mich. Jetzt renne ich eine halbe Stunde um die Kirche und versuche alle Eingänge gleichzeitig zu überwachen. Andererseits ist "Ruhe" nicht zu finden in der French Week. Während des Gebets wird getuschelt, gehustet und geraschelt, Handys klingeln oder Leute stehen mitten im Gebet auf und gehen. Nachts ist es laut, weil überall sehr laut geredet, Betten geschoben und Musik gehört wird. Vor und nach dem Gebet wird ganz normal geredet (Französisch kann man anscheinend nicht leise reden). Daher ist es vielleicht ganz gut, dass ich vor dem Gebet draußen bin und den Lärm nicht mitbekomme.

Ich kann mich noch an meine absolute Fassungslosigkeit erinnern, als ich am Sonntagabend (20.10.) im Gebet saß und merkte dass, obwohl die Kirche sehr voll war, kaum Leute die Taizélieder sangen. Abgesehen von Brüdern und Permanents sangen vielleicht 200 Leute mit. Das Klavier war ungewöhnlich laut, da es ja sonst vom Gesang überdeckt wird. Außerdem war es sehr laut in der Stille. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, die erste Welle war generell lauter als die folgenden und echt ein krasser Unterschied zu den Wochen davor.

So. Die French Week geht weiter, aber ich stoppe hier erstmal. Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Wenn ich diese Woche überlebe, dann geht es nächste Woche weiter!

Von alten Bekannten und Vertrauen

Mittwoch, 23.10.2019

Ferien in Deutschland heißt, dass man in Taizé jedes Jahr mehr oder weniger die gleichen Gesichter sieht. Da ich seit 2016 immer in den Herbstferien hier war (ob als Schüler oder als Permanent) traf ich Freunde aus Weimar, ehemalige Bibelgruppenmitglieder und Barackenmitbewohner, als ich vom 7. - 13. Oktober nachmittags in der Exposition arbeitete. 

Sonja, Ida, Leona und Annalena traf ich oft zufällig auf dem Taizé-Gelände, im Gebet oder beim Arbeiten. Freitags zeigte ich ihnen den Markt von Ameugny (das wird zur Tradition!) und am Samstag verabschiedete ich mich wieder. 

Letzte Woche hatte ich einen echt coolen Job - Small Washing-Up. Für alle, die sich darunter nichts vorstellen können: Löffel, Tassen, Teller und Tabletts für (in dieser Woche) etwa 800 Leute abwaschen. Dafür hatte ich ein Team aus field people. Meine Aufgabe bestand darin, mein Team anzuleiten, dafür zu sorgen, dass es genug Arbeit hat und dass alles gut läuft. Frühstück und Mittag aß ich zusammen mit dem Team. Die meiste Zeit war es lustig und eher weniger stressig.

Am Donnerstag erhielten die Permanents morgens die Nachricht, dass am Abend ein ganz wichtiges Treffen mit einem Bruder stattfinden würde. Alle Permanents müssten zu diesem Treffen erscheinen, es fand zeitgleich in allen Häusern (N'Toumi und Lamba für die Mädchen, Tilleul und petit Morada für die Jungen) statt, und alle, die zu der Zeit eigentlich arbeiten müssten, hätten frei. Meine Singing Support Schicht fiel demnach aus.

Was war also los? Viel darf ich nicht sagen, aber es gab wohl einen aktuellen Missbrauchsfall. Ein Bruder der Communauté wird beschuldigt, eine Frau über mehrere Jahre lang missbraucht zu haben. Nicht nur wir waren davon geschockt, man konnte dem Bruder, der uns dies mitteilte, ansehen, wie getroffen er und wahrscheinlich die ganze Communauté davon war. Ich war aber sehr berührt davon, dass die Brüder es den Permanents zuerst gesagt haben, am nächsten Tag ging alles öffentlich.

"In einer Gemeinschaft teilt man das Gute und das Schlechte ...", so oder so ähnlich fing Bruder David an an diesem Abend. Danach gab es eine Fragerunde, eine Frage war dabei besonders wichtig: "Was können wir Permanents in dieser Situation für die Brüder tun?"

1. Die Informationen solange vertraulich behandeln, bis es ein öffentliches Statement auf der Internetseite von Taizé gibt (ist jetzt der Fall)

2. Beten für dieses Opfer und für alle anderen Missbrauchsopfer. 

Wie beende ich den Eintrag jetzt schön, nach so einer Sache? Keine Ahnung. Vielleicht geht das hier: Ich hatte für 5 Tage ein Zimmer für mich allein! Vor zwei Wochen verabschiedete ich Ruma, ihr Zeit in Taizé war vorüber und sie flog zurück nach Bangladesch. Fayal und ich waren also nur noch zu zweit auf dem Zimmer, letzte Woche ging sie in silence. Ich hatte ein paar Tage nur für mich, bis meine neue Zimmernachbarin ankam. Barbara, aus Mexiko! Auch wenn wir wieder drei Leute auf 10 Quadratmeter sind - ich freue mich!

Dieser Blogeintrag fiel mir sehr schwer zu schreiben. Denn, auch wenn das vielleicht nicht so aussieht, eigentlich ist nicht viel passiert in den letzten Tagen. Aber der nächste Eintrag wird leichter - am 20. Oktober beginnt die sogenannte "French Week". Was für Abenteuer ich da erlebe, das kann man hoffentlich bald hier lesen!

Danke wieder für die Kommentare und an alle, die den Blog verfolgen!

Nix los im Blog? -- Elternbesuch.

Mittwoch, 09.10.2019

Überschrift sagt alles, ne? Also, am 28.8. (Samstag) ging ich nach meiner Arbeit am Vormittag (Räume säubern in El-Abiodh) zurück auf mein Zimmer, um Nachrichten zu checken vor dem Gebet. Mutti hat geschrieben:

"Wir konnten nicht einfach vorbeifahren und schauen mal, ob du da bist ..."

Wo sollte ich sonst sein? Ich schnappte mein Zeug und rannte zur Kirche, wo ich auf meine Eltern traf. Sie waren auf dem Weg nach Cluny und hätten direkt durch Taizé durchfahren müssen - natürlich guckt man da, ob man die Tochter trifft. Wir gingen gemeinsam zum Gebet (ich hatte Singing Support) und machten danach aus, dass wir uns gegen 15 Uhr treffen und zusammen nach Cluny fahren würden. Es folgte ein echt schöner Tag, vor allem, weil ich eigentlich frühstens am Samstagabend mit meinen Eltern gerechnet habe - so hatten wir einen halben extra-Tag, und der war echt schön.

Wir gingen einkaufen, kauften Winterschuhe für mich, liefen um die Abtei, saßen in einem Café und gingen Abends dann im besten Burgerladen essen. Nebenbei redeten wir ganz viel (was man halt so macht, wenn man seine Eltern seit 9 Wochen nicht mehr gesehen hat).

Die Woche dann war echt besonders. Ich besuchte meine Eltern auf dem Zeltplatz. Mittwoch besuchten meine Eltern mich und meine Mitbewohnerinnen auf unserem Zimmer und wir hatten echt tolle Gespräche. Gerade Fayal war echt begeistert! Am nächsten Tag gab es ein Treffen zwischen meiner contact sister und meinen Eltern, das war für beide Seiten echt interessant. Freitag gingen wir auf den Wochenmarkt in Ameugny (ein echter Geheimtipp von mir!) und kauften Ziegenkäse, auf dem Rückweg trafen wir eine süße Katze. Den Samstagnachmittag verbrachten wir dann nochmal zusammen am Oyak ... und Sonntag war die Woche schon wieder vorbei. Nach der Messe fuhr der blaue Bus wieder ab nach Deutschland, denn Mutti musste Montag wieder arbeiten. Ich hatte nur ein paar Tränen im Gesicht, als ich ihnen gewunken habe - immerhin sieht man sich in wenigen Monaten ja wieder.

Abgesehen von meinen Eltern verabschiedete ich noch eine ganze Reihe an anderen Leuten - viele Permanents gingen wieder nach Hause und einige Jobs werden wohl um einiges anders sein. Einige Stimmungskanonen sind nicht mehr da.

Allgemein gesehen war es aber eine echt gute Woche. Etwas anstrengend dank der Jobs (Cadole am Morgen und Nachmittags die Bäder von N'Toumi und Madras putzen), und mein absoluter Tiefpunkt war, als ich händeweise Haare aus den Abflüssen der Duschen holen musste. Aber Elternbonus macht wohl alles besser.

Die einen fahren und die anderen kommen an - Sonntagabend begrüßte ich Freunde aus Weimar in Taizé. Selbst in N'Toumi ist es nicht anders, Mädchen kommen und gehen jede Woche aufs Neue. Die Abschiede machen mich doch etwas fertig. Die Woche war in dem Sinne aber auch etwas extrem.

Danke fürs Lesen und für die Geduld! Jetzt geht es wieder wie gewohnt weiter. Bis demnächst!