"Lagebericht" der letzten Wochen

Dienstag, 17.12.2019

Es sind unglaublich viele Dinge passiert, seit ich das letzte Mal etwas berichtet habe. Jedes Mal, wenn ich mich hinsetzen und schreiben wollte, passierte schon das nächste Ereignis, und irgendwie habe ich dann den Zeitpunkt verpasst für einen neuen Blogeintrag. Aber bevor der Blog hier noch dauerhaft einschläft dachte ich mir, dass ich einfach einen sehr langen Eintrag schreibe, der die letzten Ereignisse zusammenfasst. Nicht die beste Lösung, weil einiges schon lange zurück liegt, aber so kommt endlich Leben hierhin und das erleichtert dann auch die folgenden Einträge.

"Goodbye and see you" zu Fayal 

Am 23.11. verabschiedete ich meine Zimmernachbarin Fayal aus Indien. In einem früheren Blogeintrag habe ich sie schon einmal erwähnt, aber nicht weiter beschrieben. Also, Fayal ist unglaublich aufgeschlossen, ehrlich und sehr begeisterungsfähig. Wir haben uns gut verstanden und es war wirklich eine tolle Erfahrung, mit ihr zusammen zu leben (indischen Akzent verstehe ich relativ gut mittlerweile!). Jetzt sende ich ihr 2-4x in der Woche während des Gebets Aufnahmen von Liedern. Ich hoffe, wir bleiben in Kontakt und ich kann sie eines Tages besuchen.

Geburtstag in Taizé

Tja, und ein paar Stunden später wache ich auf und bin ein Jahr älter auf dem Papier. Am Abend zuvor hatte ich alle Grußkarten (die bis dahin angekommen waren) und Geschenke zurechtgelegt, damit ich alles nach dem Aufwachen direkt auspacken konnte. Das ist eine Tradition von zuhause und es war schön, sie fortführen zu können. Nach dem Gottesdienst ging es zur Arbeit, es wurden Baracken geputzt. Mein Team sang mir sogar ein Ständchen, aber sonst war alles wie immer. Über den Tag wurden mir Geburtstagswünsche gesendet oder Anrufe kamen bei mir an. Mir wurden Kuchen und Süßigkeiten geschenkt und am Nachmittag ging es auf einen Waldspaziergang (nicht meinetwegen, alle Mädchen sammelten Dekoration für die Gemeinschaftsräume). Abends gab es wie jeden Sonntag Pizza - so sehr unterschied sich mein 19. Geburtstag fast gar nicht von den vorherigen. Es fühlte sich aber mehr wie ein normaler Tag (dank der Arbeit) mit Ständchen an.

Die 'Herr der Ringe'-Filme gucken

Eine andere Tradition an meinen Geburtstagen ist es, einen Film zu gucken (und davor zu basteln oder auf den Weihnachtsmarkt zu gehen ...). Vor ein paar Monaten hatten Frida und ich die Idee, die 'Herr der Ringe'-Filme zu gucken. Ich fragte meine Eltern danach und ein paar Wochen später hielt ich einen USB-Stick mit den Filmen (auf Englisch natürlich) in den Händen. Es dauerte eine Weile, aber am 24.11. saßen die Hälfte aller N'Toumi Mädchen in der Kissenecke und guckten den ersten Teil auf einem kleinen Laptop. Wir guckten jeden Film immer in zwei Teilen, weil sie sonst zu lang gewesen wären. Wir hatten echt viel Spaß dabei und die ganze Aktion gehört zu meinen Lieblibgsmomenten in meiner Zeit in Taizé.

2 kg Liebe

Am 25.11. bekam ich ein wirklich tolles Geschenk. Ein Päckchen kam für mich an, gefüllt mit vielen Grußkarten, Süßigkeiten und einem Adventskalender. Es fühlte sich echt, echt gut an  - da sitze ich 800 km entfernt von meinem Zuhause und Freunden in meinem Zimmer und war ihnen doch ganz ganz nah. Eine ganz besondere Sache, denn ich habe absolut nicht damit gerechnet. Danke an Rebekka, du bist echt verrückt und super! (Und danke hier an alle, die an mich gedacht haben. Einfach unbeschreiblich.)

Special Week für Permanents

In der ersten Dezemberwoche gab es nur einen Job für jeden Permanent und für alle eine besondere Bibeleinführung rund um die neuen 'Vorschläge' für das nächste Jahr. Diese und das Thema 2020 darf ich hier nicht verraten, weil es erst beim europäischen Jugendtreffen bekannt gegeben wird. Ich fand es zwar interessant, aber irgendwie kam ich nicht ganz mit. Hatte andere Gedanken.

Dekoration

Im letzten Eintrag berichtete ich ja schon, dass ich im Dekoration-Team für das Jugendtreffen zu Neujahr in Wroclaw (Breslau) bin. Nun, heute kann ich stolz verkünden dass wir fertig sind! Wir haben viel gemalt und an aufwendigen Blumendesigns gearbeitet. Das Ergebnis sieht man dann in ein paar Tagen in Polen. Ich war zuständig für einen Großteil an Grün (in beiden Designs). Außerdem habe ich ein paar blaue und rosa Blumen gemacht. Hier zwei Fotos von unseren Werken:

Mittagessen bei den Brüdern

Ein neues Konzept wird dieses Jahr ausprobiert - jeden Sonntag werden 4 girl Permanents zum Mittagessen mit den Brüdern eingeladen. Seit ich nach N'Toumi gekommen bin, wollte ich da unbedingt teilnehmen, am 8.12. war es soweit. Ich saß neben Bruder Matthew und es war echt nett. Während wir uns unterhielten, wurde echt gutes Essen rumgereicht (von den Brüdern selbst gekocht) ... und auch Wein. Oh Gott. Nach etwa 4 Monaten ohne Alkohol machte mich das eine Glas doch etwas fertig. Abgesehen davon war das Mittagessen echt toll und ein großes Highlight.

Kleine N'Toumi-Familie

Seit etwa 2 Wochen sind wir 'nur' noch 18 Mädchen in N'Toumi - der Rest hat Taizé entweder schon verlassen oder zog in das andere Mädchenhaus Lambarene um. Um ehrlich zu sein, ist es echt schön in so einer kleinen Gemeinschaft zu leben. Filmabende ("Herr der Ringe" und 'love, actually'), Spielerunden und Bastelaktionen sowie Gespräche sind einfacher. Nachdem ich 4 Monate durchgehend mit 40-100 anderen Mädchen verbracht habe, tut so eine kleine Runde auch ganz gut.

A Taizé Horror Story

N'Toumi hat zwei Stockwerke - doch die oberen Zimmer (Baracken) wurden letzte Woche geräumt, ich musste nach unten ziehen. Das fand ich ziemlich blöd, da ich so meinen schönen Ausblick über Taizé gegen eine Treppe austauschen musste und mein neues Zimmer (117K) ... naja, es ist halt nicht so toll wie mein altes.

Jedenfalls, in meiner letzten Nacht in meinem alten Zimmer (118I) ... hörte ich um 4 Uhr morgens ein sehr lautes Kratzen und Wimmern an meiner Tür und war hellwach. Für 1-2 Minuten hatte ich den Schock meines Lebens, bis das Geräusch endlich verstummte. Eine halbe Stunde lang lag ich in meinem Bett und bewegte mich nicht, dann musste ich zur Toilette huschen und verlagerte anschließend meinen Schlafplatz vom unteren Bett auf das obere, versuchte zu schlafen. 5 Uhr war das Geräusch wieder da, diesmal an der Tür nebenan. In dieser Nacht hatte ich nicht viel Schlaf.

Am nächsten Morgen stellte sich heraus, dass ein junger Hund aus Taizé (Dorfteil) entlaufen war und auf der Suche nach einem warmen Platz durch ganz Taizé gerannt ist, schlussendlich bei N'Toumi und El-Abiodh landete. Nachtwächter Thore hatte Erbarmen. Ich nicht, ich hatte noch nie so viel Angst in Taizé. 

Ginger

Nun zur letzten Geschichte und vom Hund zur Katze. Vor 2 Wochen tauchte eine orange-weiße Katze in Taizé auf. Sie ist einfach nur toll und genau das, was ich in dem Moment brauchte. Die Katze ist sehr auf Menschen fixiert und sehr zahm (und flauschig und süß und schnurrt ...). Andere Katzen in Taizé sind wild und das komplette Gegenteil (da wird man angefaucht wenn man nur in die Nähe kommt).

Wir haben die Katze Ginger genannt und suchen momentan nach einem schönen Zuhause. Hier kann sie nicht bleiben, Gesundheitsrisiko. Ich würde Ginger echt gerne mit nach Hause nehmen, aber es gibt bestimmt ein näheres Zuhause für sie. Außerdem erwartet mich ja schon mein eigener Kater.

Okay, das wars erstmal. Das war los in den letzten Wochen. Wie Taizé im Advent ist, darüber schreibe ich das nächste Mal, versprochen.

Danke fürs lesen und kommentieren!

Ruhe auf dem Hügel und im Blog

Mittwoch, 20.11.2019

Wenn man von 2000 Besuchern runter geht auf maximal 100, dann ist das echt ein Unterschied. Die Kirche wird "dicht" gemacht (nur noch der vorderste Teil wird genutzt), der Rest der Kirche wird anderweitig gebraucht: Der hintere Teil dient nun als Lagerstätte für Zeltplanen.

Big Kitchen - immerhin eine von Frankeichs größten Küchen! - wird über den Winter geschlossen und einer gründlichen Reinigung unterzogen. Da steht dann auf deiner Arbeitsliste "Big Kitchen deep cleaning" drauf. Das deep cleaning geht aber noch weiter, denn die vielen Baracken, Zimmer und Toiletten von Taize müssen auch gemacht werden. Generell kann man sagen, dass wir in den kommenden Wochen Taize für das nächste Jahr vorbereiten, auf die nächsten 100.000 Besucher.

Neben deep cleaning habe ich noch einen anderen wichtigen Job bis Weihnachten: Decoration. Mit insgesamt 6 Mädchen bilden wir das kreative Team für die Gestaltung des Altares vom europäischen Jugendtreffen in Polen zu Neujahr. Echt eine große Ehre, finde ich. Mit der Arbeit fingen wir direkt nach den french weeeks an. In der ersten Woche bereiteten wir einen Teil der Kirche auf die Arbeit vor und legten Folie auf dem Boden aus zum Schutz. Außerdem versuchten wir die Nähmaschine in Gang zu bekommen (wie so ziemlich alles in Taize ein älteres Modell) und suchten Farbe aus. Letzte Woche ging es ans Nähen. 6x12 m lange Stoffbahnen mussten auf 6x16 m verlängert werden, das alles fünf mal. Ich saß nicht an der Maschine, das habe ich mir nicht zugetraut - weil ich das noch nie zuvor gemacht habe. In meinem Leben habe ich nur einmal was richtiges genäht, ein kleines Kuscheltier für eine Freundin. Daher habe ich letzte Woche nur Stoff hochgehalten oder gefaltet. Beides war tatsächlich eine Herausforderung, weil es ziemlich schwer (und groß!) war. Aber wir schafften alles in einer Woche, da waren wir echt stolz.

Allein der Gedanke, dass ich in ein paar Wochen beim Jugendtreffen sitze und meine Arbeit ganz vorne am Altar sehen kann, das ist schon echt cool. Viele meiner Freundinnen aus N`Toumi wollten den Job auch unbedingt haben. Naja, ganz so wunderbar ist es nicht, gerade beim Stoff halten habe ich mich oft gelangweilt. Aber die Freude über das Resultat ist größer.

Die letzten Tage waren auch oft von Trauer durchzogen, da sehr viele Mädchen Taize verließen. Wenn man nicht bis zum Jugendtreffen als Permanent bleibt, musste man bis zum 17.11. abgereist sein (es gibt aber noch ein paar Ausnahmen). Das hieß, dass Leute abgefahren sind, mit denen man über Monate zusammen gelebt hat.

Abschiede fielen mir nie leicht, und in Taize ist es noch härter als sonst. In der letzten Woche war es am schlimmsten, jeden Tag wollte (oder musste) ich einfach nur heulen. Ellen aus Schweden zum Beispiel war seit Tag 1 zusammen mit mir Permanent. Ihr musste ich einen langen Brief schreiben, weil ich einfach kein Wort herausbekam ohne anzufangen zu weinen. So viele "good-bye"s in so kurzer Zeit, das war ziemlich niederschlagend. Aber jetzt habe ich Freunde in ganz Europa.

Nun, eine gute Sache bringt diese ruhige Zeit: Abends singing support zu haben bedeutet, dass man vor 22 Uhr fertig ist! Unglaublich! Normalerweise musste man mindestens bis 22h30 sitzen, singen und anstimmen. Aber jetzt bin ich oft schon eine Stunde früher fertig! Trotzdem sitze ich nun gerne "länger" in der Kirche und genieße die Stimmung.

Mehr als 100 Tage Permanent und noch länger in Taize. Die Zeit fühlt sich manchmal ewig, manchmal so kurz an. Aber ich kann sagen, dass es mir gut gefällt hier zu sein.
Bis zum nächsten Blogeintrag!

French Weeks geschafft!

Donnerstag, 07.11.2019

(Ich lebe noch, haha!)

Also, die zweite Woche war anders als die erste. Nun, nicht ganz - ich hatte schon wieder die Arbeit 'Church Entrance' und stand weitere 7 Tage (in den French Weeks für insgesamt 40 Gebete) ewig vor der Kirche.

Die Bestürzung, als der neue Arbeitsplan aushing und Ana und ich unsere Namen erneut bei Church Entrance fanden, war doch ziemlich groß. Wir haben es zwar im voraus befürchtet - aber es war klar, dass wir beide absolut keine Lust drauf hatten. Die anderen Mädchen bemitleideten uns, waren aber auch sichtlich froh, es nicht selbst tun zu müssen. 

Aber diesmal lief alles super. Unser Team in der dritten Welle (Mo, 28 - Fr, 01) war großartig. Es tauchte zur Arbeit und sogar zu den Teamtreffen auf, und das erleichterte die Arbeit sehr. Am besten war aber das Team von Freitagmittag bis Sonntag. Dass alle über 20 waren, Englisch konnten und sich gern mit uns ausgetauscht haben, das war ein echter Segen. Es herrschte eine wunderbar entspannte Stimmung beim Origamistern-falten.

Zwei Menschen waren besonders wichtig für mich in der letzten Woche. Lydia und Paul aus den USA begleiteten uns die ganze Woche und waren einfach klasse. Wir hatten tolle und lange Gespräche, viel Spaß und wirklich eine schöne Zeit. 

Das heißt also, obwohl wir den Job an sich echt ungern gemacht haben, trafen wir auf unglaublich coole Menschen. Ana und ich denken, dass das ein Test von Gott war. Hätten wir keine zweite Runde bei Church Entrance gedreht, hätten wir Lydia, Paul und all die anderen nicht kennengelernt. Da haben wir den Job letztendlich gerne gemacht, beziehungsweise sind gut gelaunt zu den Teamtreffen gegangen. Das vor der Kirche stehen war nämlich immer noch ziemlich blöd.

Ganz anders war die generelle Stimmung in der Kirche im Vergleich zur ersten Woche. Etwa 500 Jugendliche aus dem Norden von Frankreich und eine große Gruppe aus Schweden brachten etwas Ruhe in die Gebete. Man gewöhnt sich sowieso an den Lärm und Trubel. Auch mein Französisch war zum Schluss sogar etwas zu gebrauchen.

Diese Woche war nochmal besonders schön, weil ich ein letztes Mal in der Éxposition arbeiten durfte. Da hatte ich echt Glück, dass ich insgesamt 3 Wochen meiner Zeit in Taizé mit meinem Lieblingsjob verbringen konnte. Dankbar bin ich allemal, vor allem weil ich viel Zeit mit Barbara, meiner Zimmermitbewohnerin, verbrachte. Wir unterhielten uns gut und waren ein gutes Team. Na gut, es gab kaum etwas zu tun - aber am allerletzten Tag ging es ab: Ein Pärchen kaufte sehr viel Geschirr etc. im Wert von bestimmt 900 € ein und wir verpackten alles. Die beiden wollen in Deutschland ein Café eröffnen, kein Wunder, days sie solche Masse eingekauft haben!

Ich hatte also echt Spaß letzte Woche. Dass ich erst heute das Blog-update mache liegt daran, dass ich erst mal die Ruhe genießen wollte. Ab Samstag kehrte nämlich Ruhe in den kleinen Ort ein, die dritte Welle war weg und die restlichen Besucher nicht mehr so laut.

Ich habe ein neues Foto auf die Startseite gestellt. Am Sonntag durfte ich während der Messe bei der Vorbereitung des Altars mithelfen und fühlte mich wieder wie eine Ministrantin. Das vermisse ich etwas, immerhin war ich etwa 12 Jahre lang Ministrant in Weimar und Umgebung. Ich machte mich also etwas schick und war stolz, mein Kleid für besondere Anlässe endlich mal tragen zu können. Nach der Messe machte meine Mitbewohnerin Fayal einige Fotos. Jetzt haben auch die Leser, die mich nicht kennen, eine kleine Vorstellung von mir!

Vielen Dank fürs Lesen, bis demnächst!

French Week - erste Hälfte geschafft!

Mittwoch, 30.10.2019

Wie zuletzt angekündigt ... die French Week(s). Das wird den meisten Lesern wohl kein Begriff sein, aber vielleicht wissen ein paar schon, was ich meine. Ich erkläre es besser trotzdem. French Week? Hä? Liegt Taizé nicht in Frankreich?! Geografisch gesehen, ja. Aber Franzosen trifft man das ganze Jahr über eher weniger (dafür umso mehr Deutsche) - außer in den letzten 2 Oktoberwochen, wenn insgesamt bis zu 6.000 junge Franzosen nach Taizé strömen. (Herbstferien)

Ich ziehe da gerne den Vergleich zur Bibel - Jesus versucht in seiner Heimatstadt zu lehren, aber weil ihn jeder kennt, wird er nicht beachtet/rausgeworfen. So ähnlich ist es, denke ich, mit Taizé und Frankreich: Aus aller Welt stürmen Menschen in einen kleinen französischen Ort mitten im Nirgendwo, aber den Franzosen ist es zu nah. Ist nur meine Theorie, ich will hier niemanden angreifen!

In der letzten Woche lief vieles ganz anders. Denn die Gruppen (bestehend aus 15/16-Jährigen) aus ganz Frankreich bleiben nicht - wie normal - für eine Woche, sondern nur für 4 Tage. Außerdem kommen sie - und dieser Begriff wird von Permanents, Brüdern und Schwestern gleichermaßen genutzt - in "Wellen". Die erste Welle kam am 20. Oktober (Sonntag) an und fuhr am 24. Oktober (Donnerstag) wieder ab, am gleichen Tag kam die zweite Welle an. Diese verließ Taizé am Montag (28.10.), ... und am gleichen Tag begrüßten wir die dritte und letzte Welle. Jede Welle war etwa 2000 Menschen groß, vergleichsweise weniger als die letzten Jahre (bis zu 10.000).

Der normale Wochenrhythmus wird also an die Wellen angepasst, damit alle ein Gebet am Kreuz haben und eine Lichterfeier genießen können. Das war (und ist) ziemlich verwirrend - in der ersten Welle gab es beispielsweise das Gebet am Kreuz am Dienstagabend (sonst Freitag), und am Mittwochabend hatten wir eine Messe (sonst am Sonntag) mit integrierter Lichterfeier (normalerweise Samstagabend). Letzteres war aber auch cool, fast wie zu Ostern. Generell war dieser veränderte Ablauf der Woche aber eher stressig und irritierend. 

Denn wir hatten (bis jetzt) drei besonders anstrengende Tage, an denen die Wellen ankommen/abreisen und Taizé innerhalb weniger Stunden für die neue Welle vorbereitet werden muss. Da wir kaum Helfer hatten, blieb alles bei den Permanents hängen. Auch mein Job war deswegen besonders stressig: Church Entrance.

Diesen Job habe ich mittlerweile echt satt. Einfach gesagt: Rucksack kontrollieren an den Kircheneingängen für jedes Gebet; klingt super, dachte ich, als ich auf die Arbeits-Lose sah. Beim Meeting änderte sich das. Man muss nämlich um 8, um 12 und um 20 Uhr vor der Kirche stehen bei jedem Wetter und darf erst zum Gebet gehen, wenn die Glocken aufhören zu läuten. Mein Team bestand in der ersten Welle aus Franzosen und (französischsprachigen) Belgiern, und das stellte sich für mich und meine Partnerin als Problem heraus: Die jungen Leute sprechen nämlich kein Englisch.

"Aber Donata", denken sich jetzt bestimmt einige Leser. "Du hattest 8 Jahre in der Schule Französisch UND 10 Punkte im Abi ... du kannst doch die Sprache!" ... Äh, nein. Mein Französisch ist leider komplett nutzlos geworden, weil ich es drei Monate nicht genutzt habe (aber um ehrlich zu sein, vorher war es nicht viel besser) - in Taizé spricht man halt nur Englisch. Dementsprechend war es schwer, mit meinem Team zu kommunizieren oder eine Bindung aufzubauen. Ich habe es zumindest versucht, im Laufe der Woche wurde es auch besser. Es gab jeden Tag ein Team-Meeting, aber da kam kaum jemand. Generell tauchten kaum Leute aus der ersten Welle zu ihrem Job auf, abgesehen von den Belgiern und ein paar sehr motivierten Franzosen. Das bedeutete Stress für uns.

Bis vor kurzem hatte ich echt Probleme mit dem Job, denn normalerweise bin ich zur Arbeitszeit bereits in der Kirche und genieße die Ruhe und die Zeit für mich. Jetzt renne ich eine halbe Stunde um die Kirche und versuche alle Eingänge gleichzeitig zu überwachen. Andererseits ist "Ruhe" nicht zu finden in der French Week. Während des Gebets wird getuschelt, gehustet und geraschelt, Handys klingeln oder Leute stehen mitten im Gebet auf und gehen. Nachts ist es laut, weil überall sehr laut geredet, Betten geschoben und Musik gehört wird. Vor und nach dem Gebet wird ganz normal geredet (Französisch kann man anscheinend nicht leise reden). Daher ist es vielleicht ganz gut, dass ich vor dem Gebet draußen bin und den Lärm nicht mitbekomme.

Ich kann mich noch an meine absolute Fassungslosigkeit erinnern, als ich am Sonntagabend (20.10.) im Gebet saß und merkte dass, obwohl die Kirche sehr voll war, kaum Leute die Taizélieder sangen. Abgesehen von Brüdern und Permanents sangen vielleicht 200 Leute mit. Das Klavier war ungewöhnlich laut, da es ja sonst vom Gesang überdeckt wird. Außerdem war es sehr laut in der Stille. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, die erste Welle war generell lauter als die folgenden und echt ein krasser Unterschied zu den Wochen davor.

So. Die French Week geht weiter, aber ich stoppe hier erstmal. Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Wenn ich diese Woche überlebe, dann geht es nächste Woche weiter!

Von alten Bekannten und Vertrauen

Mittwoch, 23.10.2019

Ferien in Deutschland heißt, dass man in Taizé jedes Jahr mehr oder weniger die gleichen Gesichter sieht. Da ich seit 2016 immer in den Herbstferien hier war (ob als Schüler oder als Permanent) traf ich Freunde aus Weimar, ehemalige Bibelgruppenmitglieder und Barackenmitbewohner, als ich vom 7. - 13. Oktober nachmittags in der Exposition arbeitete. 

Sonja, Ida, Leona und Annalena traf ich oft zufällig auf dem Taizé-Gelände, im Gebet oder beim Arbeiten. Freitags zeigte ich ihnen den Markt von Ameugny (das wird zur Tradition!) und am Samstag verabschiedete ich mich wieder. 

Letzte Woche hatte ich einen echt coolen Job - Small Washing-Up. Für alle, die sich darunter nichts vorstellen können: Löffel, Tassen, Teller und Tabletts für (in dieser Woche) etwa 800 Leute abwaschen. Dafür hatte ich ein Team aus field people. Meine Aufgabe bestand darin, mein Team anzuleiten, dafür zu sorgen, dass es genug Arbeit hat und dass alles gut läuft. Frühstück und Mittag aß ich zusammen mit dem Team. Die meiste Zeit war es lustig und eher weniger stressig.

Am Donnerstag erhielten die Permanents morgens die Nachricht, dass am Abend ein ganz wichtiges Treffen mit einem Bruder stattfinden würde. Alle Permanents müssten zu diesem Treffen erscheinen, es fand zeitgleich in allen Häusern (N'Toumi und Lamba für die Mädchen, Tilleul und petit Morada für die Jungen) statt, und alle, die zu der Zeit eigentlich arbeiten müssten, hätten frei. Meine Singing Support Schicht fiel demnach aus.

Was war also los? Viel darf ich nicht sagen, aber es gab wohl einen aktuellen Missbrauchsfall. Ein Bruder der Communauté wird beschuldigt, eine Frau über mehrere Jahre lang missbraucht zu haben. Nicht nur wir waren davon geschockt, man konnte dem Bruder, der uns dies mitteilte, ansehen, wie getroffen er und wahrscheinlich die ganze Communauté davon war. Ich war aber sehr berührt davon, dass die Brüder es den Permanents zuerst gesagt haben, am nächsten Tag ging alles öffentlich.

"In einer Gemeinschaft teilt man das Gute und das Schlechte ...", so oder so ähnlich fing Bruder David an an diesem Abend. Danach gab es eine Fragerunde, eine Frage war dabei besonders wichtig: "Was können wir Permanents in dieser Situation für die Brüder tun?"

1. Die Informationen solange vertraulich behandeln, bis es ein öffentliches Statement auf der Internetseite von Taizé gibt (ist jetzt der Fall)

2. Beten für dieses Opfer und für alle anderen Missbrauchsopfer. 

Wie beende ich den Eintrag jetzt schön, nach so einer Sache? Keine Ahnung. Vielleicht geht das hier: Ich hatte für 5 Tage ein Zimmer für mich allein! Vor zwei Wochen verabschiedete ich Ruma, ihr Zeit in Taizé war vorüber und sie flog zurück nach Bangladesch. Fayal und ich waren also nur noch zu zweit auf dem Zimmer, letzte Woche ging sie in silence. Ich hatte ein paar Tage nur für mich, bis meine neue Zimmernachbarin ankam. Barbara, aus Mexiko! Auch wenn wir wieder drei Leute auf 10 Quadratmeter sind - ich freue mich!

Dieser Blogeintrag fiel mir sehr schwer zu schreiben. Denn, auch wenn das vielleicht nicht so aussieht, eigentlich ist nicht viel passiert in den letzten Tagen. Aber der nächste Eintrag wird leichter - am 20. Oktober beginnt die sogenannte "French Week". Was für Abenteuer ich da erlebe, das kann man hoffentlich bald hier lesen!

Danke wieder für die Kommentare und an alle, die den Blog verfolgen!

Nix los im Blog? -- Elternbesuch.

Mittwoch, 09.10.2019

Überschrift sagt alles, ne? Also, am 28.8. (Samstag) ging ich nach meiner Arbeit am Vormittag (Räume säubern in El-Abiodh) zurück auf mein Zimmer, um Nachrichten zu checken vor dem Gebet. Mutti hat geschrieben:

"Wir konnten nicht einfach vorbeifahren und schauen mal, ob du da bist ..."

Wo sollte ich sonst sein? Ich schnappte mein Zeug und rannte zur Kirche, wo ich auf meine Eltern traf. Sie waren auf dem Weg nach Cluny und hätten direkt durch Taizé durchfahren müssen - natürlich guckt man da, ob man die Tochter trifft. Wir gingen gemeinsam zum Gebet (ich hatte Singing Support) und machten danach aus, dass wir uns gegen 15 Uhr treffen und zusammen nach Cluny fahren würden. Es folgte ein echt schöner Tag, vor allem, weil ich eigentlich frühstens am Samstagabend mit meinen Eltern gerechnet habe - so hatten wir einen halben extra-Tag, und der war echt schön.

Wir gingen einkaufen, kauften Winterschuhe für mich, liefen um die Abtei, saßen in einem Café und gingen Abends dann im besten Burgerladen essen. Nebenbei redeten wir ganz viel (was man halt so macht, wenn man seine Eltern seit 9 Wochen nicht mehr gesehen hat).

Die Woche dann war echt besonders. Ich besuchte meine Eltern auf dem Zeltplatz. Mittwoch besuchten meine Eltern mich und meine Mitbewohnerinnen auf unserem Zimmer und wir hatten echt tolle Gespräche. Gerade Fayal war echt begeistert! Am nächsten Tag gab es ein Treffen zwischen meiner contact sister und meinen Eltern, das war für beide Seiten echt interessant. Freitag gingen wir auf den Wochenmarkt in Ameugny (ein echter Geheimtipp von mir!) und kauften Ziegenkäse, auf dem Rückweg trafen wir eine süße Katze. Den Samstagnachmittag verbrachten wir dann nochmal zusammen am Oyak ... und Sonntag war die Woche schon wieder vorbei. Nach der Messe fuhr der blaue Bus wieder ab nach Deutschland, denn Mutti musste Montag wieder arbeiten. Ich hatte nur ein paar Tränen im Gesicht, als ich ihnen gewunken habe - immerhin sieht man sich in wenigen Monaten ja wieder.

Abgesehen von meinen Eltern verabschiedete ich noch eine ganze Reihe an anderen Leuten - viele Permanents gingen wieder nach Hause und einige Jobs werden wohl um einiges anders sein. Einige Stimmungskanonen sind nicht mehr da.

Allgemein gesehen war es aber eine echt gute Woche. Etwas anstrengend dank der Jobs (Cadole am Morgen und Nachmittags die Bäder von N'Toumi und Madras putzen), und mein absoluter Tiefpunkt war, als ich händeweise Haare aus den Abflüssen der Duschen holen musste. Aber Elternbonus macht wohl alles besser.

Die einen fahren und die anderen kommen an - Sonntagabend begrüßte ich Freunde aus Weimar in Taizé. Selbst in N'Toumi ist es nicht anders, Mädchen kommen und gehen jede Woche aufs Neue. Die Abschiede machen mich doch etwas fertig. Die Woche war in dem Sinne aber auch etwas extrem.

Danke fürs Lesen und für die Geduld! Jetzt geht es wieder wie gewohnt weiter. Bis demnächst!

Ein Abenteuer - Fahrt nach Lyon und zurück nach Taizé

Mittwoch, 25.09.2019

Als ich am Samstag auf meine Arbeitsliste sah, erschrak ich leicht. Neben bereits bekannten Jobs wie Gemeinschaftsraum hüten (morgens) und Cadole (praktische Arbeit am Nachmittag) hatte ich für Freitag einen extra Job: "airport Lyon Saint Exupérie". Da stand ich erstmal fragend davor, ein Treffen war für Donnerstagabend angegeben sowie der Hinweis, dass ich 'public transport' nutzen würde.

Normalerweise werden Permanents, die mit dem Flugzeug nach Hause reisen müssen, mit dem Auto hingefahren. Deswegen war ich ziemlich verwirrt und musste bis Donnerstagabend warten.

Das Treffen mit Bruder Matthias brachte dann die Auflösung. Seit Juni diesen Jahres werden auch öffentliche Verkehrsmittel genutzt, um Ressourcen zu sparen und nachhaltiger zu sein (und vielleicht weil die Autos von Taizé generell nicht die besten sind). Um die abreisenden Permanents bei Gepäck und auf dem ersten Schritt Richtung Zuhause zu unterstützen, bekommen sie eine Begleitung. In meinem Fall begleitete ich Reine aus dem Lybanon zum Flughafen in Lyon. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln. 

Dafür bekam ich von Bruder Matthias eine Mappe mit Informationen, Stadtplan, Abfahrts- und Ankunftszeiten, ein Diensttelefon und diverse Fahrkarten. Und etwas Bargeld für den Notfall. Außerdem hatte ich die Aufgabe, Straßenbahntickets zu kaufen für nächste Begleitungen.

Die Nacht von Donnerstag zu Freitag konnte ich kaum schlafen, weil ich alle Szenarien durchging, was alles schief gehen könnte. Das Abenteuer begann dann um 9h39 mit dem Bus nach Macôn (etwa eine Stunde), ging weiter mit dem Zug nach Lyon (etwa 45min) und machte dann eine uneingeplante Pause am Straßenbahnticketautomaten. Der nahm nämlich nur Karte oder Münzgeld an - keinen 20€-Schein von Bruder Matthias. Ein Glück hatte ich etwas Kleingeld mit und konnte auslegen, aber den Schock vor dem Automaten werde ich nicht vergessen. Mir tat auch Reine leid, weil ich kurz vor der Panik stand und sie ja eigentlich Sicherheit von mir erwarten sollte.

Mit der Straßenbahn fuhren wir etwa eine halbe Stunde, stiegen dann in den Bus zum Flughafen um. Dort angekommen half ich Reine beim Gepäck und brachte sie bis zum Einchecken. 

Ich war noch nie in so einem großen Flughafen gewesen (bin noch nie geflogen und habe nur einmal Leute zum Frankfurter Flughafen begleitet). Wir brauchten etwa 20min, um zum richtigen Terminal zu gelangen. Dann verabschiedeten wir uns und waren jeweils auf uns allein gestellt.

Ich war echt nervös auf dem Rückweg. Ständig schaute ich in der Mappe nach, ob ich richtig war und welche Zeit für das nächste Transportmittel am besten wäre. Letztendlich war ich 15h30 wieder im Bahnhof Lyon und suchte meinen Zug nach Macôn.

Und suchte. Und fragte. Und suchte weiter. Bis mir bewusst wurde, dass in Frankreich das Gleis erst 20min vor der Abfahrt bekannt gegeben wird. Dann entspannte ich mich und ging in den nächsten Laden, um Süßigkeiten zu kaufen. Ab dann verlief alles nach Plan und gegen 18h40 war ich wieder in Taizé.

Bruder Matthias war sehr zufrieden mit mir und gab mir auch das Geld wieder für die Tickets. Danach konnte ich etwas essen, zum Gebet gehen, meine Eltern anrufen und schlussendlich ins Bett fallen und schlafen. 

Sonstiges aus dieser Woche: Ich bin offiziell im Singing Support Team und darf mittlerweile allein singen. Es ist toll! Stressig und gleichzeitig schön ist, dass man die Lieder später am Abend selbst aussuchen kann.

Danke fürs Lesen, bis demnächst! Danke auch wieder an die Kommentare, das gibt mir viel Kraft!

Verantwortung übernehmen

Dienstag, 17.09.2019

Diese Woche war anstrengend, aber echt schön. Gut, das könnte ich über jede Woche sagen - aber es gab wieder viel neues.

Denn diese Woche hatte ich plötzlich Verantwortung in meinen Jobs. Sonst war ich immer Teammitglied, dieses Mal führte ich Teams an. Na gut, zum Morgengebet hielt ich lediglich den Brotkorb mit gesegneten Brot - aber nach dem Frühstück leitete ich eine Putzgruppe bei Point 5. Das Team zu animieren, die Toiletten zu putzen, ging erstaunlich einfach, wir waren immer als erstes Team fertig. War nicht so anstrengend.

Mein nächster Job war dann anstrengend. Ich übernahm die Verantwortung für 2 Abwaschteams - einmal um 14 Uhr und um 19 Uhr. 'Washing up El - Abiodh" bedeutet, dass man die Essenbox der Permanents, Schwestern und Silenceleute säubert, Küchengeräte einordnet und schwarze Styroporboxen sauber macht und versucht, so trocken wie möglich zu bekommen ... mit Papier.

Dafür bekam ich am Montag eine kleine Einführung und war dann auf mich allein gestellt. Mein Nachmittagsteam bestand aus 8 Jugendlichen und lernte sehr schnell, war auch verständnisvoll, wenn ich selbst keine Ahnung hatte. Das Team am Abend bestand aus ebenso vielen Erwachsenen, die die Arbeit genauso gut machten wie die Jüngeren. Nur am Montagabend verließen sie mich früh, um zum Abendgebet zu gehen, ich musste den Rest allein machen. Nach einer kleinen Standpauke blieben sie den Rest der Woche, bis alles fertig war.

Dienstag bekam ich die Nachricht, dass man mich gerne singen hören würde um zu sehen, ob ich für den 'singing support' geeignet wäre. Ich war ziemlich stolz, ausgewählt worden zu sein und am nächsten Tag hatte ich ein kleines Vorsingen, wurde angenommen. Für den Singing Support (Gesangsunterstützung) muss man alle Kanons können und alle Sopranstimmen der Lieder.  Außerdem muss man anstimmen können. Ich bin ja eher Alt als Sopran, aber das war anscheinend kein Problem. Freitag hatte ich dann meine Einführung und in der nächsten Zeit geht es richtig los.

Da meine EC-Karte nicht funktioniert in der Éxposition, fuhr ich am Samstagnachmittag mit zwei Freundinnen ins nahegelegene Cluny, um im dortigen Shop meine Karte zu testen. Ging nicht. Aber am Geldautomaten funktionierte es dann, warum auch immer. Jetzt habe ich wieder etwas Bargeld, das ich für Keramik ausgeben kann. Da die Briefmarken hier 1.30 € kosten, kann ich leider keine Postkarten mehr schicken, auch wenn ich das fest vorhatte ...

Da wir nun schon mal in Cluny waren besuchten, wir gleich noch das Museum der Abtei. Da kamen wir sogar kostenlos rein! Es war interessant und spaßig.

Es tat auch einfach gut, mal aus Taizé raus zu kommen nach 1 1/2 Monaten. Etwas anderes zu sehen, auch wenn es nur eine kleine Stadt mit Supermarkt ist. Eisessen, Schokolade kaufen und Spaß haben, das tat gut. Ich freue mich schon auf den nächsten Besuch in Cluny.

Man liest sich wieder!

N'Toumi - endlich 'richtig' angekommen

Donnerstag, 12.09.2019

Als ich meinen Schrank im Zimmer 118I einräumen konnte, fühlte ich mich super. Unglaublich gut sogar! Endlich Ordnung und Schluss mit Koffern. Obwohl ich eher eine unordentliche Person bin ... das tat echt gut.

Es gibt große und kleine Unterschiede für das Leben in Madras und N'Toumi. Zum einem sind wir nicht mehr 60, sondern etwa 100 Mädchen. Besonders zu den Mahlzeiten ist es dann immer sehr laut und sehr voll im Gemeinschaftsraum. Deswegen gibt es die Ansagen immer nach dem Essen mit Übersetzungen - dafür bleiben alle 30min sitzen. Freitags ist das Mittagessen in Stille mit klassischer Musik - da fiel mir erst auf, wie laut es die letzten Tage war.

Wir haben immer noch nur eine Waschmaschine ... die ein kleines Monster ist. Ich lege mich nicht nochmal damit an und setze die nächste Zeit auf Handwäsche.

In N'Toumi gibt es 4-Bett-Zimmer. Sollte man nicht dank Bettwanzen o.ä. das Zimmer wechseln, ist man die ganze Zeit mit den gleichen Leuten zusammen (logisch). Da man länger bleibt, sind die Zimmer besser eingerichtet - neben Schränken gibt es auch einen Tisch, einen Hocker und Steckdosen. Wenn man Glück hat, funktionieren letztere sogar, aber Stromausfälle sind in N'Toumi gar nicht so selten. In dieser Woche hatten wir 3 Tage kein Licht.

Das Zimmer teile ich mir mit Ana aus Polen (zumindest bis Sonntag, dann ging es für sie zurück nach Hause), Fayal aus Indien (seit Mittwoch) und Ruma aus Bangladesch (nur für kurze Zeit, ihr Zimmer wurde dank Bettwanzenfund geschlossen und die Mädchen auf andere Zimmer aufgeteilt).

Es gibt eine kleine Bibliothek, eine große Kissenecke, Platz zum Basteln und viele Tische und Bänke im Gemeinschaftsraum. Generell ist er viel größer als der Raum von Madras und mir gefällt er sehr! Außerdem haben wir einen Computer - von 14 bis 19 Uhr kann man im Internet surfen, außerhalb dieser Zeit kann man sich mit solitaire und paint beschäftigen.

Meine Arbeit diese Woche war vormittags sehr anstrengend. Körperliche Arbeit wie Tische schleppen, Zelte putzen und abbauen, Holzplanken verladen - ich habe immer noch Schmerzen im Rücken. Nachmittags war es dann einfacher: Picknicks packen. Nach 2 Tagen waren wir damit fertig und vertrieben uns die restliche Zeit mit Kartenspielen und 'Mate' - ein Teeritual aus Argentinien, das war echt schön und viel besser als 'Club Mate' aus Deutschland. Abends war ich zuständig für das Allergikeressen - jeden Tag Reis mit Gemüse, yeah!

Ich lernte sehr viele neue Leute kennen und verbrachte doch noch etwas Zeit mit ehemaligen Madrasmädchen. Davon musste ich über die Woche noch einige verabschieden, besonders schwer fiel mir der Abschied von Niki aus Singapur. Wir haben wirklich viel Zeit miteinander verbracht, eines Tages möchte ich sie besuchen. Ich bin sehr dankbar sie kennengelernt zu haben, denn außerhalb von Taizé wären wir uns wohl nie begegnet.

Innerhalb einer Woche habe ich mich gut eingelebt (ein Schrank wirkt Wunder!!). Die Arbeit hält mich von gelegentlicher Trauer ab, man ist meist durchgehend beschäftigt. Trotzdem vermisse ich etwas die Zeit in Madras.

Mittlerweile bin ich auch gar nicht mehr 'neu' in Taizé, immerhin bin ich seit einem Monat Permanent. Deswegen fühle ich mich etwas komisch, wenn jede Woche immer noch neue Gesichter dazu kommen, neu anfangen. Und doch habe ich manchmal das Gefühl, völlig neu zu sein. Komisch.

Zuletzt noch mein Highlight der Woche - eine Gesprächsrunde zwischen heutigen Permanents und Permanents aus den Jahren 1971-1989! Sie zeigten uns ein Gesangbuch von 1989, welches nur 64 Lieder hatte (die heutigen Hefte haben 159). Außerdem noch alte Postkarten und Fotos von sich vor der Kirche. Es war eine tolle Stimmung und die 'alten' waren begeistert, dass es nach 40 Jahren noch Taizé und Permanents gibt. Dieser Ort ist wohl für die Ewigkeit.

Vielen Dank fürs Lesen!

Reflektionswoche und einige Treffen ... und wieder Abschiede

Montag, 02.09.2019

Rückblickend war diese Woche gar nicht so krass, wie ich sie mir vorgestellt habe. Das heißt aber nicht, dass sie langweilig war oder so! Nur bedeutet das Wort "Workshop" in Taizè nichts praktisches, sondern eher 2 Stunden Vortrag und Fragerunde mit Experten. Mehr dazu gleich.

Zuerst möchte ich erwähnen, dass man den Unterschied zwischen einer normalen Woche und der Reflektionswoche nicht nur an der Zahl der zu besuchenden Workshops erkennen kann, sondern auch an der Lautstärke in der Kirche und an den Leuten, die nach den Gebeten noch sitzen bleiben um zu singen und zu beten - und generell auch an der Stimmung. Selbst die Silence-Schilder taten ihre Wirkung! Dass also diese Woche kaum Leute unter 18 Jahren da waren, das merkte man. Und das meine ich echt im positiven Sinne! Es war schön, dass es etwas ruhiger war.

In meinem letzten Post schrieb ich, dasss die Permanents entweder den Vormittag oder den Nachmittag frei hätten. Das war auch der Fall, und das war auch echt schön! So konnte man sich entscheiden, ob man an einem Workshop teilnimmt oder sich im Garten etwas entspannt.Vormittags kümmerte ich mich um den Gemeinschaftsraum von Madras, nach dem Mittagessen konnte ich dann frei entscheiden was ich tun würde. Dass mir nicht ständig die Zeit im Nacken saß, war toll - auch wenn das hieß, dass man ab 17 Uhr hungrig auf das Abendessen wartete, weil es keinen Nachmittagssnack von der Arbeit gab. Meh.

Montag besuchte ich einen Workshop über jüdische Traditionen und zeitgenössische Umweltprobleme. Klang ganz interessant, war es aber letztendlich doch nicht so. Die meiste Zeit analysierten wir hebräische Wörter. Dienstag ging ich zu einem Vortrag von Kardinal Reinhard Marx zum Thema: "Das Evangelium heute leben und verkünden". Ich habe absolut keine Erinnerungen daran. Später am Tag hatte ich ein Gespräch mit Bruder Alois (und weiteren ca.150 Leuten) im Haus der Brüder. Zuerst schmierten sie Baguettebutterbrötchen und schenkten uns Tee ein, dann kam Alois hinzu und es gab eine Fragerunde. Ich saß ganz nah bei ihm, das war echt krass.

Mittwoch traf ich den Kardinal noch einmal in einer kleinen Runde mit anderen Permanents. Er selbst war zuletzt vor 44 Jahren in Taize gewesen, deswegen wollte er einige aktuelle Erlebnisse von Permanents hören. Danach war ich aber zu kaputt für einen Workshop und legte mich in den Garten.

Donnerstag war dann der Höhepunkt der Woche für mich, denn ich besuchte den Workshop über Entscheidungen im Leben. Und mir ist etwas bewusst geworden: Ich muss gar nicht so ganz ganz lange in Taizé bleiben, da ich jedes Jahr wiederkommen kann. Momentan erscheint mir eine Zeit von 6-12 Monaten viel zu lang - dieses Gefühl kann sich aber in den nächsten Wochen bestimmt wieder ändern. Aber allein der Gedanke, dass ich nicht bleiben MUSS, gab mir ganz viel gute Energie.

Samstag ging ich zum einzigen praktischen Workshop der Woche, über Kunst und emotionale Gesundheit. Aber wir haben uns eigentlich nur auf den Kunst-Part konzentriert und danach etwas über unsere Erfahrungen gesprochen. Ich hatte sehr viel Spaß beim Erschaffen von Kunstwerken aus Naturmaterialien :)

Diese Woche war die letzte Woche mit den Mädchen aus Madras - Sonntag und in der kommenden Woche machten sich fast alle wieder auf den Heimweg. Das wurde mir aber erst am allerletzten Tag so richtig bewusst, als ich letzte Gespräche führte und nette Nachrichten an die meisten Mädchen schrieb. Ich vermisse alle sehr, in den letzten Wochen sind wir zu einer netten Gruppe geworden und einige werde ich wohl nie wieder sehen. Abends bildeten wir im vorderen Teil eine Singgemeinschaft und es tat gut, gemeinsam zu singen, zu lachen und zu weinen. Der Abschied am Sonntag nach der Messe tat echt weh.

Besonders Niki aus Singapur werde ich sehr, sehr vermissen. Fast jeden Tag redeten wir stundenlang über einfach alles, so eine intensive Zeit hatte ich selten oder noch nie mit einer Person. Es ist unglaublich, was man für tolle Menschen in seinem Leben trifft und doch ziehen lassen muss. Nächste Woche ist sie zwar noch in Taizé, aber in Stille. Ich habe ein wenig Angst vor dem endgültigen Abschied, aber auch Hoffnung, sie wieder zu sehen - ob in Taizé oder irgendwo anders.

Huh, kommen wir von dieser traurigen Sache noch zum Abschluss zu einer ganz wundervollen Sache - ein Schrank. EIN SCHRANK!!! Ja, Madras wurde Sonntag geschlossen, und alle Mädchen, die noch bleiben, zogen in das neue Mädchenhaus N`Toumi. Jetzt fühle ich mich endlich so richtig "angekommen". Was sich alles ändert und so könnt ihr dann im nächsten Beitrag lesen!

Danke wieder für alle Kommentare und an alle, die sich den Blog ansehen!