Von alten Bekannten und Vertrauen

Mittwoch, 23.10.2019

Ferien in Deutschland heißt, dass man in Taizé jedes Jahr mehr oder weniger die gleichen Gesichter sieht. Da ich seit 2016 immer in den Herbstferien hier war (ob als Schüler oder als Permanent) traf ich Freunde aus Weimar, ehemalige Bibelgruppenmitglieder und Barackenmitbewohner, als ich vom 7. - 13. Oktober nachmittags in der Exposition arbeitete. 

Sonja, Ida, Leona und Annalena traf ich oft zufällig auf dem Taizé-Gelände, im Gebet oder beim Arbeiten. Freitags zeigte ich ihnen den Markt von Ameugny (das wird zur Tradition!) und am Samstag verabschiedete ich mich wieder. 

Letzte Woche hatte ich einen echt coolen Job - Small Washing-Up. Für alle, die sich darunter nichts vorstellen können: Löffel, Tassen, Teller und Tabletts für (in dieser Woche) etwa 800 Leute abwaschen. Dafür hatte ich ein Team aus field people. Meine Aufgabe bestand darin, mein Team anzuleiten, dafür zu sorgen, dass es genug Arbeit hat und dass alles gut läuft. Frühstück und Mittag aß ich zusammen mit dem Team. Die meiste Zeit war es lustig und eher weniger stressig.

Am Donnerstag erhielten die Permanents morgens die Nachricht, dass am Abend ein ganz wichtiges Treffen mit einem Bruder stattfinden würde. Alle Permanents müssten zu diesem Treffen erscheinen, es fand zeitgleich in allen Häusern (N'Toumi und Lamba für die Mädchen, Tilleul und petit Morada für die Jungen) statt, und alle, die zu der Zeit eigentlich arbeiten müssten, hätten frei. Meine Singing Support Schicht fiel demnach aus.

Was war also los? Viel darf ich nicht sagen, aber es gab wohl einen aktuellen Missbrauchsfall. Ein Bruder der Communauté wird beschuldigt, eine Frau über mehrere Jahre lang missbraucht zu haben. Nicht nur wir waren davon geschockt, man konnte dem Bruder, der uns dies mitteilte, ansehen, wie getroffen er und wahrscheinlich die ganze Communauté davon war. Ich war aber sehr berührt davon, dass die Brüder es den Permanents zuerst gesagt haben, am nächsten Tag ging alles öffentlich.

"In einer Gemeinschaft teilt man das Gute und das Schlechte ...", so oder so ähnlich fing Bruder David an an diesem Abend. Danach gab es eine Fragerunde, eine Frage war dabei besonders wichtig: "Was können wir Permanents in dieser Situation für die Brüder tun?"

1. Die Informationen solange vertraulich behandeln, bis es ein öffentliches Statement auf der Internetseite von Taizé gibt (ist jetzt der Fall)

2. Beten für dieses Opfer und für alle anderen Missbrauchsopfer. 

Wie beende ich den Eintrag jetzt schön, nach so einer Sache? Keine Ahnung. Vielleicht geht das hier: Ich hatte für 5 Tage ein Zimmer für mich allein! Vor zwei Wochen verabschiedete ich Ruma, ihr Zeit in Taizé war vorüber und sie flog zurück nach Bangladesch. Fayal und ich waren also nur noch zu zweit auf dem Zimmer, letzte Woche ging sie in silence. Ich hatte ein paar Tage nur für mich, bis meine neue Zimmernachbarin ankam. Barbara, aus Mexiko! Auch wenn wir wieder drei Leute auf 10 Quadratmeter sind - ich freue mich!

Dieser Blogeintrag fiel mir sehr schwer zu schreiben. Denn, auch wenn das vielleicht nicht so aussieht, eigentlich ist nicht viel passiert in den letzten Tagen. Aber der nächste Eintrag wird leichter - am 20. Oktober beginnt die sogenannte "French Week". Was für Abenteuer ich da erlebe, das kann man hoffentlich bald hier lesen!

Danke wieder für die Kommentare und an alle, die den Blog verfolgen!